Die Rehkitzrettung  ist eine der zeitintensivsten, aber auch emotionalsten Aufgaben im Revier. Ein Job bei dem wir Tag und Nacht zur Verfügung stehen müssen. Gemeinsam mit einem engagierten Team machen wir uns auf die Suche nach Rehkitzen, um sie vor dem Mähtod zu retten.

Wir benötigen mindestens drei Personen, idealerweise sogar vier, um effektiv vorgehen zu können. Das Quad, das wir für die Suche einsetzen, wird mit einem Piloten und einem Co-Piloten besetzt. In Notfällen haben wir die Aufgabe auch schon zu zweit bewältigen müssen, aber das ist wirklich keine gute Lösung. Besonders wenn es viele Kitze bzw. große abzusuchende Flächen gibt, ist es nahezu unmöglich, in einer Nacht alles zu schaffen.

Die Suche mit Wärmebild

Die Suche ist nur dann erfolgversprechend, wenn die Temperaturen deutlich abgekühlt sind. Wir warten oft bis zum späten Abend wenn es kühl genug ist, um klare Bilder mit der Wärmebildkamera der Drohne zu erhalten. Manchmal kommt es jedoch zu Verzögerungen, und am Morgen steigen die Temperaturen manchmal schneller an als erwartet. Dies führt zu Fehlermeldungen und erschwert die Suche erheblich. Das Risiko, ein Kitz zu übersehen, steigt, und wir können keine hundertprozentige Garantie bieten. Es kann natürlich trotzdem immer passieren, dass wir etwas übersehen oder dass ein Kitz von hohen Bäumen verdeckt wird.

Um dieses Risiko zu minimieren suchen wir auch manuell nach versteckten Kitzen, die sich in der Nähe hoher Bäume aufhalten könnten. Seit zwei Jahren setzen wir nun die Drohne ein und konnten bereits unser erstes Jubiläum feiern. Insgesamt haben wir Stand heute über 80  Kitze gerettet.

Die Rettung der Kitze ermöglicht es uns auch, Kinder in die Suche einzubeziehen und ihnen die Jagd näherzubringen. Es macht den kleinen Kindern großen Spaß, uns bei der Suche zu begleiten, auch wenn es manchmal chaotisch hergeht. Es ist wichtig, ihnen zu zeigen, dass sie die Kitze nicht mit bloßen Händen berühren dürfen und dass wir nicht wahllos durch die Felder fahren. Wir halten es für eine großartige Möglichkeit, das Bewusstsein für die Natur bei den Kindern zu schärfen.

Die Suche mit der Drohne ermöglicht es uns, die Flächen systematisch abzusuchen und die Kitze zu entdecken, die im hohen Gras oft unsichtbar wären. Die Drohne fliegt nach vordefinierten Wegpunkten und unterbricht den Auftrag, sobald eine Wärmequelle entdeckt wird. Das Rettungsteam macht sich dann auf den Weg zur Fundstelle, während die Drohne wartet. Bei Bedarf können Akkus gewechselt werden, und die Suche wird an der Stelle fortgesetzt, an der sie unterbrochen wurde. Die Bedienung der Drohne erfordert eine Lizenz, die online erworben werden kann.

Ausrüstung

Um die Rehkitzrettung reibungslos durchführen zu können, benötigen wir natürlich eine umfangreiche Ausrüstung. Das Herzstück ist die Drohne, ausgestattet mit einer Wärmebildkamera. Wir verwenden die Mavic 2 Enterprise, die bereits mit vielen nützlichen Zubehörteilen geliefert wird. Dennoch müssen wir noch einiges an zusätzlicher Technik nutzen. Dazu gehören beispielsweise eine Powerbank für die Fernbedienung, da die originale Batterieladung nicht ausreicht, um mehr als 20 Hektar in einer Nacht abzudecken.

Wir haben insgesamt zwölf Akkus, da wir manchmal bis zu zwölf Stunden am Stück suchen müssen, insbesondere dann wenn wir Landwirte mit großen Flächen unterstützen. Es ist wichtig, dass wir in einer Nacht alles erledigt haben und bereits unterwegs aufladen können, sei es für den nächsten Einsatz oder weil selbst unsere zwölf Akkus nicht ausreichen. Wir verwenden ein zusätzliches Ladegerät für die Mavic 2, mit welchem wir drei Akkus gleichzeitig aufladen können..

Zusätzlich zur Drohnenausstattung sind Kopflampen und Handstrahler nötig, um uns bei der Suche zu unterstützen. Wir müssen darauf achten, dass jeder Retter mit Handschuhen ausgestattet ist, da wir die Kitze nicht direkt mit bloßen Händen berühren dürfen. Es ist ratsam, einen großen Vorrat an Handschuhen dabei zu haben, um sicherzustellen dass jeder Retter einsatzbereit ist.

Transportboxen und Eierkartons

Bei der Bergung von verwaisten Gelegen verwenden wir beispielsweise Eierkartons, um die Eier sicher zu transportieren. Es ist wichtig, dass die Eier gut geschützt sind und nicht in einer Tasche lose transportiert werden. Gefundene Kitze werden in speziellen Boxen aufbewahrt. Die Boxen müssen Luftlöcher haben und sollten farblich gut sichtbar sein. Wir tragen die Boxen zum Feldrand und sichern die Deckel mit Kabelbindern. Wir möchten so verhindern, dass die Kitze entkommen oder dass neugierige Passanten die Boxen öffnen. Um dies zu verhindern haben wir Warnhinweise auf den Boxen angebracht, welche darauf hinweisen, dass es sich um Wildtiere handelt und diese nach der Rettung wieder freigelassen werden.

Kommunikation

Kommunikation ist ein entscheidender Faktor bei der Rehkitzrettung. Wir verwenden dazu Funkgeräte, um uns untereinander abzustimmen. Anfangs hatten wir nur zwei Funkgeräte, aber das reichte nicht aus. Wir haben daher aufgestockt und verwenden jetzt insgesamt vier Funkgeräte, um die Kommunikation zu verbessern und effizienter zusammenzuarbeiten. Zusätzlich verwenden wir einen herkömmlichen Angelkescher, um junge Hasen oder bereits mobile Rehkitze sicher einzufangen, wenn der Hechtsprung nicht ausreicht.

Die Landwirte sind gesetzlich dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass sich kein Wild in den zu mähenden Flächen befindet. Ohne uns Jäger eine unlösbare Aufgabe!

Finanzierung

Die Finanzierung der Rehkitzrettung bzw. der Ausrüstung erfolgt oft unterstützt durch Stiftungen oder anderen Organisationen. Das Bundesministerium für Landwirtschaft stellt ebenfalls Mittel zur Verfügung. Die Kosten für die umfangreiche Ausrüstung belaufen sich auf etwa 12.000 €, und die Aufteilung der Kosten wird in Verhandlungen zwischen den beteiligten Parteien festgelegt.

Charlie und Lotte

Neben der Rettung von Rehkitzen gibt es auch Fälle, in denen wir uns um verwaiste Kitze kümmern müssen. Diese Kitze müssen mit Milch oder Ersatzprodukten versorgt werden. Die Aufzucht ist zeitaufwendig, da die Kitze anfangs alle zwei  Stunden gefüttert werden müssen. Ziel der Aufzucht ist die Auswilderung ins Revier. Besonders bei Bockkitzen ist jedoch Vorsicht geboten, da sie später keine Angst vor Hunden und Menschen haben und potenziell gefährlich werden können. Hier hilft nur eine frühe Kastration in der siebten Lebenswoche.

Die Rehkitzrettung mit Hilfe einer Wärmebilddrohne ist für uns eine Herzensangelegenheit. Es ist eine emotionale und erfüllende Aufgabe, die es ermöglicht, schutzbedürftige Tiere zu retten und ihnen eine Chance zu geben. Die Zusammenarbeit im Team, die enge Verbindung zur Natur und die Freude daran, Kindern das Thema Wild und Natur näherzubringen, machen diese Erfahrung zu etwas Besonderem. Es ist ein wichtiger Beitrag zum Schutz unserer Wildtiere und wir sind stolz darauf, Teil dieses Engagements zu sein.